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  • Alex Kerschbaumer

Das Urteil von Franz Kafka


Kafkaesk ist ein Adjektiv, welches Situationen und diffuse Erfahrungen der Angst, Unsicherheit und Entfremdung beschreibt und gleichzeitig ein Adjektiv, welches passgenau für dieses Buch entstanden sein könnte.

"Das Urteil" ist eine bizarre und abstrakte Geschichte. Selten hat mich ein Buch, nachdem ich es gelesen hatte, so verwirrt und desorientiert zurückgelassen. Jedoch hatte ich auch selten ein Buch, welches mich im Nachhinein so beschäftigt und zum Nachdenken angeregt hat.

Die Novelle "Das Urteil" wurde von Franz Kafka geschrieben und im Jahr 1912 veröffentlicht. Die von mir gelesene Graphic Novel Umsetzung wurde 2015 von Moritz Stetter veröffentlicht. Die Erzählung handelt von einem Vater-Sohn-Konflikt, die Rolle des Sohnes übernimmt dabei Georg Bendemann. Er ist der Sohn eines Kaufmannes, seit kurzem verlobt und sein Geschäft läuft gut. Sein Vater ist bereits alt und der Tod von Georgs Mutter hat ihn sehr mitgenommen. Als Georg seinem Vater von dem Brief erzählt, den er seinem glücklosen und krankem Freund in Petersburg geschrieben hatte, geraten die Beiden in eine Meinungsverschiedenheit, welche nach und nach in einen heftigen Konflikt ausartet.

Ich finde die Umsetzung als Graphic Novel bzw. Comicbuch ist Moritz Stetter hier sehr gut gelungen. Die Geschichte baut sich auf und durch die wechselnde monochromatische Färbung der einzelnen Szenen, wird hier sehr gut eine bestimmte Stimmung geschaffen bzw. die von den Dialogen geschaffene Stimmung verstärkt. Die ersten Seiten sind in einem gelblichen Farbton gehalten, sobald Georg aber über seinen Freund in Petersburg nachdenkt, wechselt der Farbton von gelb in ein schwärzliches Bild mit dunkelgrünen und gelben Farbtönen. Später als es zum Konflikt mit dem Vater kommt, wird das Bild sehr hell, jedoch ist diese Helligkeit nicht so prägnant, da sie mit schwarzen und dunkelroten Akzenten abgeschwächt wird, wodurch der Zeichner ein sehr bedrohliches Ambiente erschafft.

Mein größter Kritikpunkt des Comicbuches ist die Geschichte, die es erzählt. Ich bin kein großer Fan von Franz Kafka, mit seinem Klassiker „Die Verwandlung“ konnte ich nie etwas anfangen. Ähnlich geht es mir bei diesem Buch, denn ich habe keinerlei Ahnung was mir der Autor mit dieser Erzählung mitteilen will. So sehr ich auch über das Gelesene nachdachte, ich konnte keine Lehre, Moral, Übertragungsebene finden und zur Unterhaltung kann ich dieses Buch auch nicht weiterempfehlen. Durch das Nachwort am Ende des Buches und durch einige Recherchen bin ich zum Abschluss gekommen, dass sich diese Geschichte vermutlich auf Kafkas persönliche Vaterprobleme bezieht und diese reflektiert. Für mich als Leser bleibt es aber eine bizarre und abstrakte Geschichte über Vater-Sohn-Probleme, zu der mir schlichtweg der Bezug fehlt. Auch, dass das Geschehen oft sehr wirr und hektisch erzählt wird, schwächt meinen Gesamteindruck, denn als beispielsweise der Konflikt mit dem Vater ausbrach, geschah alles ziemlich plötzlich und ich fühlte mich vom Autor etwas im Stich gelassen, da ich teilweise keine Ahnung hatte von was der Vater sprach. Es wäre schön gewesen, wenn man die Gefühlsausbrüche des Vaters in irgendeiner Weise nachvollziehen hätte können, jedoch waren schlicht zu wenig Informationen vorhanden, um mir ein solches Nachempfinden zu ermöglichen. Ich habe keine Ahnung, ob es in der Originalfassung verständlicher und nachvollziehbarer geschrieben ist und ich bin mir durchaus bewusst, dass ein Comicbuch den Text auf das Wesentliche beschränken muss, jedoch fehlten mir gelegentlich einfach Erklärungen und Beschreibungen, um das Verständnis des Gelesenen besser verstehen zu können.

Als Fazit muss ich leider sagen, dass dieses Buch nicht für mich war. Es hatte teils interessante Ansätze und der Zeichenstil war optisch ansprechend und passend zum Buch sehr abstrakt gehalten. Jedoch ist mein Gesamteindruck, ähnlich wie mein Ersteindruck, negativ, da mich die Handlung weder unterhalten noch in irgendeiner Weise bereichert hat. Der Vollständigkeitshalber muss ich aber anmerken, dass mich Kafkas Werke einfach nicht ansprechen, ich verbinde seine Erzählungen mit den Zuständen der Verwirrung und Desorientierung, und genau so habe ich mich gefühlt, als ich dieses Comicbuch gelesen habe. Falls diese Zustände jemand ansprechen sollten, kann ich ihm dieses Buch nur Wärmstens empfehlen, den Restlichen würde ich aber eher davon abraten.

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